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1995 - 1997
Aus dem Zentrum der Verflechtung

Dieter Ronte
"Es ist eine Utopie - aber alle Einfälle und Vorstellungen expandieren"
Der Betrachter muß die strategische Inszenierung des Malers nachvollziehen, um bildrelevante Erkenntnisse zu treffen. Er vollendet das Bild nicht, er wird zum Mitstreiter, zum Mittäter.
Das Design der Medienkunst ist durch Johannes Deutsch wieder in Malerei überführt worden. Die Medien lösen die Malerei nicht ab. Sie betonen ihre Bedeutung. Dieser Vorgang ist nicht von traditionellem, sondern von revolutionärem Charakter. Die Malerei ist der physisch erarbeitete Ausgangspunkt der Emotionen, die im rationalen Medienspiel gesteigert und objektiviert werden.


Johannes Deutsch benutzt alle Medien, die zur Malerei führen können. Er reduziert sich nicht, er minimiert sich nicht im Sinne eines Konzeptes der Tradition, er konzeptualisiert sich nicht im Sinne der Reduktion; er bereichert sich, er erweitert Malerei durch den Einsatz aller Medien. Dabei bleibt er frei von politischem Einfluß des Mediums Fernsehen und Computer, er negiert die Frage "abstrakt oder gegenständlich", er macht sich frei von dem Gegensatz, der Auseinandersetzung von digital und analog, weil er in den Medien einfach seine persönlichen, subjektiven Malereien vorantreibt. Diese Strategien führen aus dem Zentrum der Verflechtung heraus, sie begründen das neue Bild. Dennoch ist dieses Bild nicht das Resultat reiner Emotionen bzw. äußerster Rationalität. Es ist auch nicht das Bild des Stillstandes, kein still des technischen Mediums. Es hat immer die Präsenz der Malerei, um sich zugleich anderen Fragen zu öffnen.
Die Antworten können leichter beantwortet werden, wenn wir uns fragen, wie die Malerei von Johannes Deutsch auf den Betrachter wirkt. Der klassisch geschulte westliche Blick vermutet Themenvielfalt im Sinne der Transparencies eines Francis Picabia, der so viele Künstler, z.B. Sigmar Polke, beeinflußt hat. Unterschiedlichkeit der Ansätze, sozusagen ein postmodernes Stilwollen, das nicht bereit ist, sich stilistisch oder methodisch zu binden. Diese Aussage ist angesichts der Chronologie der Bilder von Deutsch falsch. Eindeutig verankert sind alle Bilder in ihm selbst, alle Bilder sind Projektionen, sind sozusagen biographische Stationen, sind nicht der Ausfluß theoretischer Vorstellungen, sondern des eigenen Erlebens. Konzeptuelle Vermutungen zeigen, daß der Künstler eine einheitliche Handschrift, die sogenannte "ecriture" der fünfziger Jahre, wie wir sie heute auch noch von den reinen Malern fordern, dennoch nicht forciert. Hier begründen die medialen Nutzungen neue Freiheiten oder, anders ausgedrückt, erweiterte Erkenntnismöglichkeiten.
Der Betrachter muß die strategische Inszenierung des Malers nachvollziehen, um bildrelevante Erkenntnisse zu treffen. Er vollendet das Bild nicht, er wird zum Mitstreiter, zum Mittäter. Deshalb lösen diese Bilder die vorher benannte unmittelbare Betroffenheit aus.
Johannes Deutsch gelingt es, seine Träume, seine Bedrängnisse, seine Introversion so öffentlich darzustellen, daß aus den inneren Zwängen das freie Bild generiert. Der Künstler eröffnet immer wieder neu das Glasperlenspiel als ein sehr ehrliches, offenes Spiel, dem die Kompliziertheit und Vielschichtigkeit zunächst widersprechen. Widerspruch aber ist genau das, was Johannes Deutsch intendiert. Er unterliegt, obwohl in Wien wohnend, keinem Harmonisierungszwang. Dennoch sucht er die Tendenz zum Schönheitlichen, agiert er aus dem Bewußtsein heraus, daß Bilder von Form und Inhalt diktiert sind.
Er agiert im zwei- wie im dreidimensionalen Bereich mit erlebnisreicher Vielfalt, die fast wie ein Historienbild von ereignishaftem Charakter ist, ohne daß dieser provoziert wird. Man erkennt aber sofort Zustände, Verhaltensweisen, Hoffnungen wie Befürchtungen, existentielle Setzungen, die auf unterschiedlichste Art und Weise sich optisch offenbaren. Der Aufruf eines auffordernden Charakters ist in allen Bildern von Johannes Deutsch impliziert. Der Künstler will etwas. Er begann mit der Malerei, die er erweiterte, die er mit allen möglichen Medien verflocht, also jenen Medien, die visuell darstellen, um die Malerei als Malerei weiter zu betreiben.
Auszug aus:
Johannes Deutsch: "Aus dem Zentrum der Verflechtung, Eine Entstehungsgeschichte",
Wien: Triton Verlag 1997, ISBN 3-901310-43-6
Mit Beiträgen von Carl Aigner, Peter Assmann, Matthias Boeckl, Günther Dankl, Johannes Deutsch, Martin Hochleitner, Monika Leisch-Kiesl, Eleonora Louis, Reinhold Mißelbeck, Dieter Ronte und Peter Weiermair. 120 Seiten mit 49 ganzseitigen Farbtafeln und zahlreichen s/w-Textabbildungen, 22 x 31 cm, Hardcover.
1997/2003 Triton Verlag, Wien


Veranstaltung, Ort: Wien

Werkegruppe Zentrum der Verflechtung - Malerei